Gillian

Goldseele, Der Wunderbringer, Der Geschäftige


„So bitten wir Dich nun, Goldseele,
erfülle uns mit Deinem Geiste!
Segne unser Tagewerk,
dass Dir zu Ehren wir errichten.
Schaue unserer Hände Arbeit,
denn Dein Heim erbauen wir!“

Storkhold zu Leinach
Predigt zur Grundsteinlegung der Halle des Handwerks in Leinach, 1006 HZR

1.) Der Glaube im Allgemeinen

„Produktivität, Kreativität, Strebsamkeit und Ehrgeiz.
Das sind die Tugenden der Goldseele.
Und das ist es auch, was ich euch lehren werde!“
– Ausbilder Fernan Steinbrecher zu den Kriegswaisen von Thamberg, 1007 HZR

Beschreibung:
Gillian ist der Gott des Reichtums, des Handwerks und des Handels, er gilt als Schutzpatron all jener, die mit ihrer eigenen Arbeit etwas Dauerndes schaffen. Ob nun der Schmied an seinem Amboss, der Händler über seinen Büchern oder der Wirt, der ein neues Fass in den Schankraum rollt, über all jene wacht der Geschäftige. So vielfältig wie seine Anhänger sind auch seine bezeugten Erscheinungen. Ob er nun als stämmiger Handwerksmeister mit fleckiger Schürze oder geschickter Konstrukteur mit Tinte an den Fingern auftritt, übereinstimmend ist immer nur sein Geschlecht und das er seinem Gegenüber aus einem kniffligen Problem hilft.

Symbol:
Eine aufrecht stehende Raute mit vier Münzen oder Kreisen im Innern.

Gesinnung:
Absolut Neutral.

Attribute:
Reichtum, Handwerk, Handel, Glück, Geschick, Bauwesen.

Philosophie:
Das Schaffen ist der Schlüssel zur Entwicklung, der Grund der Existenz, das eine Ziel. Ob nun zum Guten oder zum Bösen, bleibt dabei dem Tätigen überlassen. Jede kleine Münze und jedes kleine Rädchen im großen Ganzen treiben den Fortschritt voran.

 

2.) Der Glaube im Wandel

„Wie Erz zu Eisen, Eisen zu Stahl, Stahl zum Werkzeug,
so sollt auch ihr euch wandeln, Gillian zum Gefallen.“
– Traditioneller Segen für Schmiedelehrlinge

Die Ursprünge:
Der Glaube an ein höheres Wesen welches für die Herstellung handwerklicher Produkte zuständig ist, gibt es wahrscheinlich schon so lange, wie der Mensch natürliche Materialien bearbeitet. Zu Anfang haben urzeitliche Jäger sicherlich noch Haltbarkeit für ihre Speere mit Feuersteinspitzen erfleht, als die ersten Menschen sesshaft wurden und sich das Handwerk weiter differenzierte kamen auch andere Aufgaben hinzu. Schmiede ersannen immer widerstandsfähigere Legierungen, Baumeister ausgefallenere Konstruktionen und Händler weitreichendere Handelsrouten. So ist es auch nicht verwunderlich, das um das Jahr 300 HZR einzelne handwerklich Begabte durch die Lande zogen und im Namen Gillians weiterführende technische Ideen verbreiteten und derartige Hilfe anboten. Aus dem Wirken dieser einzelnen Wanderer entstanden nach und nach größere Gemeinschaften, die sich schließlich zu einer Organisation vereinigten, der Gilde Gillians.
Im Laufe der Jahrhunderte wuchs die Gilde zu einer florierenden Organisation, die sich um das Wohl ihrer Gläubigen sorgte und mit Sachverstand und Hilfe dorthin ging wo man sie brauchte.

Aktuelle Situation:
Heute, nach Ende der Dämonenkriege, ist die Gilde Gillians eine Gemeinschaft im Wiederaufbau. Gillians weltliche Vertreter erlitten in weiten Teilen dasselbe Schicksal, dass Harnac im Allgemeinen traf. Wo man früher in beinahe jeder Stadt und jedem Großdorf einen Tempel, zumindest aber einen Schrein, und einen Priester des Gillian finden konnte, sind von der einst zahlenmäßig starken Organisation nunmehr kaum achthundert Priester geblieben.
Durch die Weitsicht des letzten Großmeisters Johann, amtierend 994 HZR-1004 HZR, konnten die Geschäftigen zumindest Teile ihrer nicht unbeträchtlichen Reichtümer retten, die nun genutzt werden, um den Wiederaufbau Harnacs voran zu bringen. Eine Investition von der man hofft, dass sie sich in Zukunft auszahlen wird. Der Rat der Meister beschloss im Rahmen des Wiederaufbaus unter anderem ein Programm zur forcierten Adoption und Ausbildung von Kriegswaisen in den Reihen der Gemeinschaft, mangelte es Harnac doch an Facharbeitern und Experten „vom eigenen Schlage“, und der Gilde an Priestern.
Das Programm hatte den gewünschten Erfolg und brachte die Zahlen der Lehrlinge und Gesellen wieder auf ein akzeptables Niveau, ein wichtiger Schritt auf dem Weg zurück zur alten Position der Glaubensgemeinschaft innerhalb Harnacs.

Die Zukunft:
Für eine Gemeinschaft die ihre Führung zum größten Teil verloren hat, ihre Besitzungen zerstört vorfand und einen Großteil ihrer Reichtümer von einst als bloße Erinnerung betrachtet, kann es nur bergauf gehen. Von vormals mehreren Tausend Mitgliedern sind nach dem Krieg weniger als achthundert Gottesdiener übrig, ein Problem, dass man durch die zahlreichen Adoptionen von Kriegswaisen in wenigen Jahren behoben haben will. Die Kirche ist geschwächt, aber sie ist nicht untergegangen. Dieser Gedanke treibt die verbliebenen Mitglieder an, bringt sie zu Höchstleistungen, hält sie aufrecht, schweißt sie zusammen, und erfüllt sie vor allem mit einem Gefühl von Glückseligkeit. Die Priester fühlen deutlich, dass sie vor einem Neuanfang stehen. Das Chaos, hinterlassen von den Dämonenkriegen, eröffnete ihnen nie geahnte Möglichkeiten, ihrem Gott zu dienen. Wo vorher alles ein wenig eingefahren war, es nicht viel Neues zu entdecken gab, lag ein in weiten Teilen zerstörtes Land vor ihnen, das nur darauf wartete, wieder geordnet zu werden.
Die Situation des Wiederaufbaus ist es, die Gilliangläubigen alle Möglichkeiten bot, sich vor ihrem Gott zu beweisen, Neues zu schaffen, wo Altes zerstört wurde. Rigoros wurde der Wiederaufbau voran getrieben, mit Vertretern der Kirche als leuchtende Beispiele an seiner Spitze. Was an Reichtümern noch vorhanden war wurde außerdem für raumgreifende, aber diskrete Landkäufe genutzt, wo immer man sich vielversprechende Investitionen erhofft. Derzeit plant man, die vielen leeren Stellen im Rat der Meister bei der Ratssitzung 1013 HZR auffüllen zu können, steht doch schon im Jahr darauf die Wahl eines neuen Großmeisters an. Die Zeit der Trauer ist vorbei, die Zeit des Schaffens nahm ihren Anfang, und Gillians Werk ist niemals zur Gänze vollendet. Man steht nun vor einem neuen, goldenen Zeitalter für ganz Harnac, und damit auch für die Gemeinschaft der Geschäftigen.

 

3.) Die Struktur des Glaubens

„Das Auge des Geschäftigen ruht auf uns.
Machen wir ihn Stolz!“
– Altgeselle Varlon Weitacker zu seinen Lehrlingen, Erlgrund, 1006 HZR

Die innere Rangfolge:
In den ruhmreichen „alten Tagen“, zu ihren Hochzeiten hatte die Gilde circa viertausend geweihte Anhänger, leitete ein Großmeister die Geschicke der Gläubigen. Dieser Großmeister wurde erwählt aus den Mitgliedern des Rates der Meister, einem Gremium mit damals zwanzig Mitgliedern, von denen gegenwärtig noch zwei in Amt und Würden sind. Den Meistern im Range nachfolgend kannte man den Stand des Ausbilders, dessen Aufgabe die Weitergabe des Kirchenwissens und die Führung der Tempel war. Sie waren den Altgesellen gegenüber weisungsbefugt, also all jenen Priestern des Gillian, die ihre Wanderjahre hinter sich gebracht hatten. Vor dem Abschluss dieser recht prägenden Periode durfte sich ein Priester als Geselle bezeichnen, der Rang aller Priester, die ihre Lehrzeit und damit den Novizenrang des Lehrlings erfolgreich hinter sich gelassen hatten. Diese, an der handwerklichen Ordnung angelehnte, Strukturierung hat auch heute noch Bestand.

Der Weg nach Oben:
Die Ausbildung der Priester des Gillian spiegelt die Wurzeln der Gilde in den Handwerksständen wider. Als Novizen werden Jungen und Mädchen ab dem siebten Lebensjahr aufgenommen, teilweise begleitet von hohen Spendengeldern, und zunächst langsam an den Glaubensalltag herangeführt. Dabei werden erst spielerisch, später durch recht konkrete Übungen, die Begabungen der Kinder ausgelotet. Hatten sich die Ausbilder ein Bild verschafft, so vermittelten sie ihre Schützlinge an die verschiedenen regionalen Wirtschaftszweige weiter, wo sie vier Tage der Woche als normale Lehrlinge ihrer Arbeit nachgehen. Zwei Tage der Woche verbringen die Kinder in den Tempelschulen, der siebente Tag der Woche dient der Erholung, oder so es notwendig ist, dem Nachholen von Übungen oder versäumter Arbeit. Diese Praxis hat sich über viele Generationen bewährt und erfreut sich vor allem bei den weltlichen Lehrmeistern großer Beliebtheit, müssen sie doch für einen Lehrling der Gilde nur ein Drittel des normalen Lohnes zahlen. Die Gilde ihrerseits wählt die Lehrbetriebe sehr sorgfältig, gemessen an den Zahlen der zur Verteilung vorhandenen Lehrlinge, aus um sich so Zugang zu exklusiven Meistern für ihre Schüler zu verschaffen.
Auf diesem Wege gelangt die Gemeinschaft des Geschäftigen ohne großes Aufsehen an manchmal streng gehütete Betriebsgeheimnisse, was sie stets für sich zu nutzen weiß. An die Lehrzeit in den Betrieben schließt sich eine einjährige Phase des Tempeldienstes an, die in der Erhebung der Lehrlinge in den Rang der Gesellen gipfelt. Diese Beförderung entspricht zugleich der ersten Priesterweihe. Anschließend lässt man die frischen Gesellen ihre Wanderjahre beginnen, ein Prozess, der sich bei manchem bis an sein Lebensende fortsetzen soll, streben doch einige Gesellen nie mehr an, als der Gemeinschaft der Geschäftigen und den Gläubigen nach ihren Möglichkeiten, und häufig in dieser Reihenfolge, zu dienen. Jenen Gesellen, die nach einigen Jahren in ihren Heimattempel zurück kehren um in den Rängen der Gilde aufzusteigen, werden alsbald von passenden Meistern des jeweiligen Fachs, ebenso wie von erfahrenen Priestern, Prüfungen auferlegt, deren Bestehen eine Erhebung in den Rang eines Altgesellen nach sich zieht, wiederum ein Prozess der sich über Jahre hinziehen kann. Die weitere Karriere eines Altgesellen ist bestimmt von einer Zeit des Lernens und Lehrens, harter Arbeit und nicht selten auch eine Prüfung des Ehrgeizes und der Kreativität. Den Rang eines Ausbilders zu erlangen stellte eine große Ehre dar, die nicht viele für sich in Anspruch nehmen können. Auch in den Hochzeiten der Gemeinschaft gab es nie mehr als rund hundert dieser Würdenträger, aus deren Reihen sich schließlich auch der Rat der Meister bildet. Dieser Rat setzt sich zu etwa gleichen Teilen aus den regionalen Führern der einzelnen Landstriche und jenen Meistern ihres Faches zusammen, die sich durch besondere Kunstfertigkeit oder herausragende Leistungen auf ihrem Gebiet auszeichnen. Eine Mitgliedschaft im Rat endet stets erst mit dem Ableben des Meisters. Die Treffen des Rates finden einmal jährlich statt und dienen zur Festlegung der zu erreichenden Ziele für das nächste Jahr, der Analyse der Wirtschaftsdaten der Gilde, kurzum, Organisatorischem. Frei gewordene Plätze im Rat werden ebenfalls im Rahmen dieser Treffen neu vergeben, neue Meister werden vereidigt. Alle zehn Jahre erwählt der Rat einen neuen Großmeister, was zeitweilig dazu führte, dass die Gilde Gillians für mehrere Jahre ohne ein Oberhaupt auskommen musste, was immer dann vorkam, wenn der amtierende Großmeister innerhalb seiner Amtsperiode verstarb.

Die Gläubigen:
Die geweihten Mitglieder der Gilliangilde waren stets nicht mehr als die Spitze des Eisberges, denn sie erfreute sich einer großen Beliebtheit, sowohl unter der einfachen Bevölkerung, als auch unter dem gehobenen Bürgertum. Handwerker und Händler, Reiche und Tagelöhner, sie alle richteten ihre Gebete an den Wunderbringer. Standesdünkel kannte man kaum, galt für die Gemeinschaft doch nur Jener als beachtenswert, der auch Leistungen erbrachte, solange es ihm möglich war.
Was Vitallia für die Landbevölkerung verkörperte, war Gillian in den Städten und Großdörfern. Seine Gläubigen fanden und finden sich in allen Schichten, unter all jenen, die durch Arbeit zu Wohlstand gelangen wollen. Er war es, der Reichtum ermöglichte, sein Segen schuf Sicherheit für die Familie. Gleichermaßen leitete die Gilde Gillians den Wohlstand der reich gewordenen Händler zu jenen weiter, die durch Unglücke ihre Existenz in Frage gestellt sahen. In seiner Neutralität lag Gerechtigkeit. Auch jetzt, wo seine Gemeinschaft selbst einen Tiefpunkt erreicht hat, ist er es, zu dem man betet. Er ist es, der die Wege bereitet hat die es nun zu bestreiten gilt. Vergessen sollte man bei all dieser Philanthropie jedoch nicht, dass Gillian niemals nur gab, sondern immer auch forderte. Wer viel erreicht hatte, war gleichermaßen in der Verantwortung auch etwas zurück zu geben. Seien es nun Tempelspenden, Armenspeisungen oder die Aufnahme weiterer Lehrlinge.

Die Heiligen:
Als Organisation mit großem Portfolio kennt die Gemeinschaft der Geschäftigen eine Vielzahl von Heiligen, darunter etliche, die für ihr Lebenswerk, oder aber große Innovationen in ihrer Tätigkeit verehrt wurden. Beinahe jede Berufsgruppe hat ihren eigenen Schutzpatron, manchmal erlangten diese jedoch eher regionale Bekanntschaft. Sie alle aufzuzählen verschlänge dutzende Seiten, ihre Geschichten würden ganze Bücher füllen. Im Anhang an diese Schrift ist daher eine grobe Zusammenfassung der landesweit bekannten Heiligen zu finden.

 

4.) Die Arbeit des Glaubens

„Eisen rostet, Stein zerbirst, Holz verrottet,
doch deiner Hände Arbeit erfreute die Goldseele.
Schöpfe, erneuere, verbessere, erfreue Gillian mit deinem Schaffen.
Zieh dahin mit seinem Segen!“
– Traditioneller Segensspruch

Die Arbeit im Offenen:
Die Gemeinschaft des Geschäftigen zeichnete sich vor allem durch ihre große Nähe zum Volk und ihre praktische Denkweise aus. Die Hauptaufgaben der ortsfesten Priester waren die Segnungen von Handwerkszeugen, Werkstücken oder auch Neubauten, das Prüfen und Beglaubigen von Verträgen und die Weitergabe von Technik und Techniken an die Gläubigen. Dazu kam praktische Hilfe bei Bauvorhaben oder komplizierten Arbeiten, wobei die Gilde auch immer ihre Hände aufhielt um Spenden entgegen zu nehmen. Auch die Organisation von Handelsrouten lag oft in der Obhut der Diener des Wunderbringers. Das fundierte Wissen der Priester im Bereich des Rechnungswesens brachte mancherorts den Stand des Buchprüfers hervor, der Geschäftsinhabern und Händlern, allerdings auch den Steuereintreibern der Obrigkeit zur Hand ging, eine Dienstleistung die mancherorts die Tempelkassen gut füllen konnte. Die Priester wachten ebenso über die Zahlungen von Witwengeldern und vergaben zinsgünstige Kredite an jene, die unverschuldet in Not geraten waren. Eine Abteilung des Tempels in Leinach widmete sich seit langem der Herstellung und dem Vertrieb von Eichmaßen und -gewichten, um so zu einer landesweiten Standardisierung beizutragen. Der Tempel in Thamberg war nicht nur der Geburtsort, sondern auch der Hauptstandort des Buchdrucks in Harnac, ein Geschäftszweig der große Gewinne abwarf. Wandernde Priester kümmerten sich zumeist darum, sich in ihren Fachgebieten weiter zu bilden und praktische Arbeit zu leisten, übernahmen aber auch manche Aufgaben der ortsfesten Priester, wenn eben solche nicht greifbar waren. Gleichsam waren sie immer auf der Suche nach vielversprechenden Lehrlingen, aber auch bislang wenig verbreiteten Arbeitstechniken.

Die Arbeit im Verborgenen:
Die Gilde Gillians hatte es sich zum Ziel gesetzt, möglichst als erste an Innovationen zu verdienen. Daraus folgend war man stets bemüht darum, seine Lehrlinge in jenen Betrieben unter zu bringen, die ihrer Konkurrenz voraus waren, um eben ergründen zu können worauf jener Vorsprung beruht. Berufsgeheimnisse wurden sowohl gekauft, als auch gestohlen oder durch wirtschaftlichen Druck schlicht erpresst. Ausschließlich hohen Gemeinschaftsmitgliedern waren die Abteilungen für Siegelverwaltung, Schlüsselbewahrung und Vertragsarchivierung bekannt, in denen hoch spezialisierte Fälscher ihren Dienst verrichteten. Auch Spione und Spitzel standen in Gildendiensten, stellen doch zuverlässige Informationen einen der wichtigsten Bausteine erfolgreichen Handelns dar. Da Habgier jedoch Gillians Abscheu erregt, galt es stets bei zwielichtigen Unternehmungen das richtige Maß zu finden. Der neutralen Ausrichtung des Gottes folgend mischte man sich nicht übermäßig in den normalen Alltag ein, konnte in Extremsituationen jedoch auch mit angemessenen Schritten reagieren. Als Beispiele seien hier sowohl die Verteilung großer Mengen Nahrungsmittel während einer Hungersnot in der Baronie Hardtland genannt, wie auch der plötzliche Einsturz eines Teiles der Königsburg in Leinach kurz nach der Inhaftierung und Exekution des Großmeisters Adalbert, 974 HZR – 991 HZR, durch königliche Gardisten.

Gottesdienste und Gebete:
Schaut man sich die große Zahl der Berufe an, die in der Gilde des Gillian vertreten waren, und betrachtet dabei die Vielzahl der jeweiligen spezifischen Aufgaben, so ist es nicht verwunderlich, dass man sich nie die Mühe machte, große Sammlungen formalisierter Segnungen und Sprüche niederzulegen. Die Priester der Goldseele stellten hier stets den ihrer Gemeinschaft eigenen Pragmatismus und die Individualität ihrer einzelnen Mitglieder vor die Notwendigkeit ausufernder Archivierung. Zwar gab es die Sitte seitens der Priester, ihre Erlebnisse in Tagebüchern festzuhalten, jedoch ging die große Bibliothek von Leinach im Rahmen der Dämonenkriege verloren, was den Bestand an althergebrachten Riten deutlich ausgedünnt hat. Von den derzeitigen Mitgliedern der Gilde wird daher erwartet, selbst etwas zu schaffen, sich durch kreative Beiträge auszuzeichnen und auch auf diesem Wege Gillian zu ehren. Gottesdienste fielen zumeist recht kurz aus, waren sie doch häufig recht themenspezifisch. Der frühere Großmeister Verros, 754 HZR – 774 HZR, formulierte es im Rahmen seiner ersten Amtsantrittsrede einst so:
„Wenn ich es nicht schaffe, binnen einer halben Stunde das zu sagen was wirklich wichtig ist, dann habe ich nicht nur meine eigene Zeit verschwendet, sondern auch jeden Zuhörer unnötig lang von seiner Arbeit abgehalten. Es ist gut, wichtig und richtig, der Goldseele Respekt zu zollen und seiner zu gedenken. Wie aber soll das vonstattengehen, wenn ich mein Publikum in den Schlaf rede?“
Zum damaligen Zeitpunkt ein äußerst vernünftiger Standpunkt, gleichsam aber etwas, was manche notorischen Schwarzseher der Gilde vorwerfen. Ließen es die Priester an der nötigen Sorgfalt mangeln, und stärkten sie so unbeabsichtigt auch die Dämonen? Eine müßige Frage, geben bisher doch weder der Wunderbringer selbst, noch die Vertreter des Chaos eine Antwort darauf. In Tempeln des Gillian wurden täglich zwei Gottesdienste abgehalten, einer am Morgen zur Segnung der vor einem liegenden Arbeiten und einer am Abend, um sowohl zu segnen was das Tagewerk erbrachte, als auch um sich für den ertragreichen Tag zu bedanken. An den Abendgottesdienst schloss sich häufig eine kurze Zeremonie zur Segnung von Werkzeugen und auch Werkstücken an. Zwischen diesen Zeiten fanden sich die Priester oft außerhalb der Tempel bei Richtfesten, Grundsteinlegungen, Schiffstaufen, aber auch Vertragsverhandlungen oder Streitschlichtungen ein, allesamt Handlungen die mit Gilians Segen leichter von der Hand gingen. Müßiggang suchte man bei Gilians Dienern meist vergebens. Ein altbekanntes Sprichwort der Priester lautet: „Hat dein Tagewerk dich nicht ermüdet, so hast du es falsch gemacht.“

 

5.) Die Eckdaten des Glaubens

„Das kannst du besser! Halbherzige Arbeiten sind niemals gut genug.
Sie bestehen nicht vor mir, sie bestehen nicht vor der Goldseele,
vor allem aber sollten sie auf keinen Fall vor dir selbst bestehen.
Nun geh, und mach es noch mal!“
– Altgeselle Roman Fenk zu einem Steinmetzlehrling, Wilhûs, 1010 HZR

Leitmotive:
„Sarasena gibt uns das Licht des Tages, Gillian die Möglichkeiten es zu nutzen.“
„Arbeitsreiche Zeiten sind unsere Zeiten.“
„Das Schaffen ist der Weg zum Glück, Zweck des Daseins und das Ziel.“

Tempel und andere Orte:

  • Schule für Wirtschaft und Technik in Thamberg: Die im Jahre 1005 HZR gegründete Lehranstalt liegt in den Außenbezirken der harnacer Protektoratshauptstadt in einem ehemaligen Gebäudekomplex der albyonischen Armee. Hier unterrichten im Ruhestand befindliche Handwerksmeister, technisch Gelehrte und Handelsexperten die etwa neunzig jungen Männer und Frauen die sich gegen eine traditionelle Lehre in ihrem Berufszweig entschieden haben, Tendenz steigend. Die Schule selbst wird durch einige wohlhabende harnacer Handels- und Handwerksherren finanziert, die somit den Glauben an Gillian und seine Verbreitung stärken. Experten und Abgänger der Schule sind im ganzen Land in verschiedene Wiederaufbauprojekte eingebunden und tragen so ihren Teil zum Ganzen bei.
  • Halle des Handwerks in Leinach: Wo in Thamberg die theoretische Ausbildung an erster Stelle steht, so geht es in den Hallen Gillians in Leinach vor allem um die praktische Seite. Vor den Dämonenkriegen, die Harnac verwüsteten, gab es an gleichem Ort schon einmal eine große Gildenhalle der einzelnen Gewerbe, in denen die jeweiligen Meister ihres Fachs gefertigt und ausgestellt haben. Im Zuge des Wiederaufbaus beschlossen seinerzeit einige alteingesessene Familien diese Tradition wieder aufleben zu lassen und heutzutage kann man in den prachtvollen Hallen des Handwerks wieder allerlei Kunstvolles zu sehen bekommen und den Meistern und Lehrlingen über die Schulter schauen. In den Hallen befindet sich zudem der größte Schrein Gillians in dem sich drei langjährige Anhänger des Wunderbringers um jedwede, den Gott betreffende, Belange von Reisenden kümmern.
  • Handelshallen in Erg’Eren: Die Handelshallen in der albyonischen Hauptstadt Erg’Eren, die sich über eine größere Fläche, unterbrochen von Parks und Pavillons an der nördlichen Stadtmauer erstrecken, ziehen immer mehr Besucher an. Denn auf dieser permanenten Warenmesse lassen sich alle Arten Handelgüter aus der bekannten Welt bestaunen. Von allerländer Tuchwaren über zarorisches Holzspielzeug bis zur original zahan’thayischen Käsesuppe findet der Besucher hier alles was das Herz begehrt. Die vereinigte albyonische Handelgilde hat hier ihr Hauptquartier und die SAPD, die postalischen Dienste, eine größere Außenstelle. Allerorten werden hier Verträge geschlossen und den ganzen Tag über ist Publikumsverkehr. Im Gillianschrein, dem größten Pavillon in der zentralen Parkanlage, helfen fünf Gläubige den Händlern und Kunden nicht nur beim Aufsetzen der, teils umfangreichen, Vertragswerke, sondern auch mit der Begutachtung und Beglaubigung von allerlei Waren. Auch die verschiedensten Riten des Geschäftigen können hier, gegen klingende Münze, veranlasst werden.

Riten:

  • Das Münzopfer: Der bekannteste Ritus des Gillian-Glaubens ist das Opfern einer Münze oder eines anderen kleinen Wertgegenstandes um das Wohlwollen des Gottes zu finden. Inzwischen ist es nicht mehr nur in Harnac, sondern auch weitestgehend in Albyon, üblich vor der Herstellung eines besonderen Gegenstandes oder dem Abschließen eines wichtigen Vertrages dieses Opfer zu bringen. Auch bei vielen Grundsteinlegungen hat es sich eingebürgert einen Wertgegenstand von angemessenem Wert in das Fundament einzufügen um Gillian für einen langen Bestand zu gewinnen. Schlechte Handwerkskunst allerdings, die mit solcherart Bestechung aufgewertet werden soll, verfällt binnen Jahresfrist. Wohin die vielen Münzen und anderen Wertgegenstände nach der Opferung verschwinden, konnte bis heute, trotz intensiver Nachforschungen, nicht abschließend geklärt werden.
  • Werkzeugssegnung: Ein weiterer Brauch, besonders unter Handwerkern, ist die Segnung neuer Werkzeuge vor dem ersten Gebrauch. Dieses Ritual, begleitet von einem kleinen Gebet, wird meist vom ältesten anwesenden Gläubigen durchgeführt. Die Werkzeuge werden eingehend von allem Schmutz gesäubert, danach passend eingeölt oder gefettet und dann mit dem Versprechen sie geschickt zu Ehren Gillians einzusetzen geweiht. In den allermeisten Fällen huscht dann ein kaum wahrnehmbarer Glanz über die Werkzeuge und verblasst wieder. Das Werkzeug gilt als angenommen und darf fortan verwendet werden. Es soll auch schon vorgekommen sein, dass minderwertiges Werkzeug einfach verschwand.

Feiertage:

  • Spatenstich, 1. Gastar: Das traditionelle Ende der Winterperiode. An diesem Datum werden, der Jahreszeit geschuldet, ruhende Bauarbeiten wiederaufgenommen und neue begonnen.
  • Feuertaufe, 1. Midjahr: Der Beginn der Prüfungszeiten für Lehrlinge.
  • Weihfest, 1. Erntemond: Die Erhebung von Lehrlingen in den Gesellenstand und gleichsam auch die Aufnahme von neuen Lehrlingen in die Reihen der Gemeinschaft.
  • Einholen, 25. Fjornor: Der traditionelle Beginn der Winterperiode. Zu diesem Datum werden Außenbauarbeiten, aufgrund der Witterung, abgeschlossen oder unterbrochen.
  • Gemeindearbeiten, alle zwei Monate am dritten Ronsa des Monats: Jeder Gläubige, so er die Möglichkeiten dazu hat, ist an diesem Datum angehalten nicht für sich selbst, sondern für die Gemeinschaft des Geschäftigen oder aber für Bedürftige zu arbeiten.

Heilige und deren Zuständigkeiten:

  • Adelhelm: Rüstschmiede
  • Agorich: Baukunst und Architektur – Wehranlagen
  • Bjorn: Seiler
  • Branda: Geldboten, Geldverleiher
  • Edhart: Schwarz- und Grobschmiede, Werkzeugmacher
  • Fjornholm: Schiffbau
  • Friedhelm: Schuster, Gerber
  • Gerholt: Mathematisches Genie, Buchprüfer, Rechnungswesen, Volkszählungen
  • Gilbert: Erster Großmeister der Gemeinschaft, Zimmermänner
  • Hardtinde: Graveure, Juweliere, Edelsteinschleifer
  • Holmbrecht: Steinmetze, Maurer
  • Karlrich: Landvermesser
  • Konrad: Baukunst und Architektur – Prachtbauten und Tempel
  • Markhelm: Buchdruck
  • Osa: Schneider, Näher, Weber, Walker
  • Oshilde: Waffenschmiede
  • Richmann: Handel
  • Wila: Färber
  • Wilhilda: Baukunst und Architektur – Tunnel, Bergbau, Brunnen
  • Wilmon: Schreiner, Tischler